Artikel bewerten
VN:F [1.9.22_1171]
Rating: 0.0/5 (0 votes cast)
0 von 5 Sternen auf Grundlage von 0 Bewertungen

Verkehrsrecht aktuell: MPU ist nach Fahrerlaubnisentziehung nicht zwingend

Ein Kraftfahrer wird wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr nach § 316 StGB verurteilt. Ihm wird die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperre für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis erteilt. Nach Ablauf der Sperrfrist beantragt der Verurteilte die Neuerteilung der Fahrerlaubnis und die Führerscheinbehörde ordnet eine medizinisch psychologische Untersuchung (MPU) an.

Der Fall: Ein Kraftfahrer wird mit einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von 1,28 Promille ertappt und wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr nach § 316 StGB verurteilt. Mit dem Urteil wurde ihm die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperre für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis erteilt. Nach Ablauf der Sperrfrist beantragt der Verurteilte die Neuerteilung der Fahrerlaubnis. Die Führerscheinbehörde ordnet eine medizinisch psychologische Untersuchung (MPU) an. Der Betroffene klagt sich durch alle Instanzen der Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Die Rechtslage: Nach § 13 Nr. 2 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) darf die Fahrerlaubnisbehörde eine MPU anordnen, wenn bei dem Kraftfahrer eine BAK von mehr als 1,6 Promille festgestellt wurde oder er wiederholt alkoholbedingte Verkehrsverstöße beging oder Anzeichen für einen Alkoholmissbrauch vorliegen. Aber die baden-württembergische Landesregierung verfügte, dass ab einer BAK von 1,1 Promille stets die MPU anzuordnen war, denn ab 1,1 Promille liege stets Alkoholmissbrauch vor. Nach dem Motto „Schlimmer geht immer“ zogen unter anderem auch Berlin und Brandenburg nach. Zwar war (und ist) diese Praxis gesetzeswidrig, aber gegen die Anordnung der MPU gibt es kein Rechtsmittel mit aufschiebender Wirkung.

 

Die Entscheidung: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschied zu Gunsten des Kraftfahrers. Allein daraus, dass dieser nach § 316 StGB verurteilt wurde, könne nicht auf Alkoholmissbrauch geschlossen werden. Eine BAK von 1,28 Promille rechtfertige die Anordnung einer MPU nur dann, wenn weitere Anzeichen für einen Alkoholmissbrauch sprechen. Solche habe die Fahrerlaubnisbehörde jedoch nicht festgestellt (Urt. v. 06.04.2017, Az. 3 C 24/15).

Fazit: Die Entscheidung des BVerwG ist richtig und entspricht dem Gesetz. Deren Verschärfung durch die Behörden ist erst einmal abgewehrt.

 

Tipp: Niemals sollte man sich gegenüber Behörden und Gerichten freimütig äußern, denn diese verwenden regelmäßig nur, was gegen den Betroffenen spricht. Was für ihn sprechen könnte wird so verdreht, dass man es kaum noch richtig stellen kann. Fast immer werden Anhaltspunkte für angeblichen Alkoholmissbrauch aus Äußerungen des Betroffenen gefolgert. Wer nichts sagt und stattdessen  frühzeitig qualifizierte Hilfe sucht, fährt deutlich besser. Suchen Sie daher insbesondere in Führerscheinangelegenheiten frühzeitig den Rechtsanwalt Ihres Vertrauens auf.