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Arbeitsrecht: Durchsuchung persönlicher Sachen bei dem Verdacht des Diebstahls

Ein Verkäufer ist des Diebstahls verdächtig. Ohne ihn zu benachrichtigen kontrolliert der Arbeitgeber dessen Spind. Er findet Kleidung aus dem Sortiment des Geschäftes. Danach kündigt er ihm.

Der Fall: Ein Verkäufer ist des Diebstahls verdächtig. Ohne ihn zu benachrichtigen kontrolliert der Arbeitgeber dessen Spind. Er findet dort Kleidung aus seinem Sortiment mit abgetrenntem Etikett. Bei Dienstschluss will er auch die Taschen des Arbeitnehmers kontrollieren, aber dieser hat den Markt bereits vor Ende seiner Schicht verlassen. Der Arbeitgeber kündigt fristlos. Der Arbeitnehmer erhebt Kündigungsschutzklage und bringt vor, die Öffnung des Spindes habe seine Privatsphäre in nicht zulässiger Weise verletzt.

 

Die Rechtslage: Gemäß § 626 BGB ist die fristlose Kündigung zulässig, wenn eine Partei gegen ihre Verpflichtungen gravierend verstößt und dem anderen Teil die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht mehr zumutbar ist. Die Anforderungen sind hoch. Vor allem: Die Kündigung ist keine Strafe für vergangenes Verhalten, sondern soll sicherstellen, dass der vertragstreue Teil in der Zukunft nicht weiter geschädigt wird (Prognoseentscheidung). Zudem muss die Kündigung das mildeste zur Verfügung stehende Mittel sein.

 

Die Entscheidung: In dritter Instanz entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) zugunsten des Arbeitnehmers. Der Arbeitgeber habe den Spind rechtswidrig geöffnet. Daher seien die dort gefundenen Beweismittel in dem Prozess nicht verwertbar. Auch bei der Informationsbeschaffung sei stets das mildeste Mittel zu wählen. Der Arbeitgeber hätte den Spind in Anwesenheit des Mitarbeiters öffnen können. Dieser hätte dann die Gelegenheit gehabt, die gesuchten Gegenstände freiwillig herauszugeben. Alternativ hätte der Arbeitgeber den Arbeitnehmer intensiv beobachten und später eine Taschenkontrolle durchführen können, die weniger intensiv in seine Rechte eingreife, als die Durchsuchung seines Spindes in Abwesenheit (BAG 2 AZR 546/12).

 

Fazit: Auch eine scheinbar klare Kündigungslage kann vertan werden, wenn sich der Kündigende in seinen Mitteln vergreift. Offensichtlich war unser Arbeitgeber rechtlich nicht beraten. Das geschieht häufig in Fällen, die „eigentlich sonnenklar“ erscheinen. Der Arbeitnehmer dagegen tat gut daran, sich bis zur letzten Instanz zu wehren.

 

Tipp: Theoretisch ist die Kündigung ein einfacher Vorgang. Aber das Gesetz schützt den Arbeitnehmer und der Arbeitgeber ist für jeden einzelnen Aspekt darlegungs- und beweispflichtig In der Praxis sind daher bei jeder Kündigung so viele Dinge zu beachten, dass der Laie in jeder Lage des Verfahrens überfordert ist. Wenden Sie sich daher mit jeder Kündigung möglichst frühzeitig an den Fachanwalt Ihres Vertrauens.